Neben seinen künstlerischen Tätigkeiten hat Ronald Philipps verschiedene Projekte in kulturellen, und vorallem auch in sozialen Bereichen entwickelt. Wichtig ist ihm neben den künstlerischen Gesichtspunkten immer auch der soziale, politische Hintergrund.
Eine Soziale Plastik?
Zwei Dinge sind essentiell für mich, damit die verschiedenen Projekte als Kunstwerk gelesen werden können; das persönliche Engagement für die Integration von Menschen in vulnerablen Lebenslagen und der begleitende partizipative Dialog.
So entscheiden alle am Projekt Beteiligten darüber, wie Integration in Bremen gelebt wird. Die wachsende Zahl der Teilnehmer interagiert öffentlich und sorgt somit für Sichtbarkeit in der Gesellschaft. Es werden Ängste und Vorurteile abgebaut. Kulturen lernen, sich zu verstehen. Es ist ein Entwicklungsprozess, der alle Beteiligten fordert.
Die aktive Teilhabe an der Gesellschaft und die daraus resultierenden Prozesse gestalten die soziale Plastik. Mit ihr werden Wünsche und Bedürfnisse sichtbar, erfühlt, bearbeitet und eingeordnet. Betrachtet man die soziale Plastik als ein vierdimensionales Objekt in Höhe, Breite, Tiefe und Zeit, dann wird eine Skulptur sichtbar – eine Raum-Zeit-Skulptur, die sich in einem fortlaufenden Prozess in jede Richtung ausdehnt.
So wird der Mehrwert für Bremen sichtbar: Soziale Systeme werden entlastet, Spannungsfelder abgebaut, das soziale Miteinander gestärkt und damit die Gesundheit, das physische und psychische Wohlbefinden, gefördert.
Ronald Philipps
Projekt „Open Air Galerie“
Open Air Galerie
Der erste Frost
„Erster Frost“ – die wie „eingefroren“ erlebte Zeit des Lockdowns hat Ronald Philipps künstlerisch in einer Werkserie umgesetzt. Die digitalen Fotografien stellen Ansichten aus dem Bürgerpark dar – jeweils ein „eingefrorenes“ Motiv, direkt in die Natur gestellt.
Die Bilder sollten eigentlich direkt im Bürgerpark gezeigt werden, wofür es leider keine Genehmigung seitens der Bürgerparkdirektion gab. Nun waren die Werke auf der Überseeinsel zwischen Weser und Europahafenzu sehen.
Projekt „Ausspann“
Ausspann
Kunst, Integration und Gastronomie
Endlich steht es – das Projekt Ausspann! Mitten im Schnoor („Schnoor 2″) gibt es ab 2016 das Projekt Ausspann mit Kunst, Kursen und Flüchtlingsangeboten. Die Verbindung von Kunst und Gastronomie ist ebenso naheliegend wie nachhaltig: der Schnoor als Ausflugsziel wird aufgewertet, Besucher finden ein attraktives Angebot – und die Kunst die Öffentlichkeit, die sie sucht und braucht. Durch die zusätzliche Integration von kreativen Flüchtlingsprojekten kann die Nutzung noch mehr an Strahlkraft gewinnen. Daher möchten wir Ihnen im Folgenden kurz die wesentlichen Bausteine unseres Projektes darstellen: Kunst, Integration, Gastronomie.
Der Ausspann in der Presse
Kunst
Hinter dem Projekt steht federführend das Künstlerhaus ART15. Denn in den letzten vier erfolgreichen Jahren im Schnoor konnten wir viele Erfahrungen machen, die das Projekt „AUSSPANN“ als logische Ergänzung (und Weiterentwicklung) unseres Angebotes sehen lassen. ART15 und AUSSPANN werden in Zukunft gemeinsam auftreten – und den Schnoor in künstlerischer Hinsicht aufwerten.
Kunst wird nicht nur gezeigt, sondern „findet statt“. Es wird ein ausdrücklich kommunikativer Raum geschaffen, ein Treffpunkt für Künstler, Kunstinteressierte, Sammler, Konsumenten und alle anderen – Kunst wird mitten ins Leben gebracht. Die Ideen sind zahlreich – wichtig ist, dass es keinen „musealen“ Charakter haben und finanzierbar sein soll. Zum Beispiel Themenabende (auch einmal mit geladenen Gästen) oder Degustationen (auch in Kooperation mit anderen Gewerken und Nachbarn). Lesungen, Vorträge und Konzerte können ebenso stattfinden wie experimentelle Kunst, Ausschreibungen und Aktionskunst. Kurse für und mit Flüchtenden sowie für Kunstinteressierte und die Schaffung eines integrativen Zentrums sind wesentliche Teile des AUSSPANNS.
Integration
In den vergangenen Monaten haben wir uns alle aktiv in der Flüchtlingshilfe engagiert. Daraus haben sich – neben vielen kleinen, persönlichen Kontakten und Begegnungen – einige Projekte ergeben, unter anderem in Zusammenarbeit mit der VHS und der Initiative „Refugees Welcome“ der Universität Bremen. So haben wir ein Atelier in Bremen-Walle, in dem inzwischen mehrere Flüchtlingsgruppen und syrische Künstler regelmäßig arbeiten – es ist damit schon überbelegt. Diese Gruppen, Künstler und Menschen werden im AUSSPANN eine neue, geräumigere Heimat finden. Gleichzeitig haben wir auch unsere Galerie schon einem Flüchtenden zur Verfügung
Projekt „Freunde ohne Aber“
Freunde ohne Aber
Die Idee
Ronald Philipps setzt sich in seiner Fotoserie „Freunde ohne Aber“ mit der ganz alltäglichen Integration im Freundeskreis auseinander. Hier geht es nicht darum, gegen Ausgrenzung (oder Pegida) auf die Straße zu gehen. Denn im alltäglichen Leben wird Integration inzwischen „ganz normal“ gelebt. Menschen unterschiedlichster Herkunft, Religion oder Hautfarbe sind ganz selbstverständlich miteinander befreundet ohne dass die Unterschiede ins Gewicht fallen.
Ohne Aber.
Gerade in Bremen und Bremerhaven hat sowohl die Ein- als auch die Auswanderung eine lange Geschichte und Tradition von der Auswanderung über Bremerhaven bis zur Einwanderung der sogenannten „Gastarbeiter“, vom weltoffenen Hafen bis zur internationalen Universitätsstadt, von der heute noch gelebten Hanse Tradition bis zur multikulturellen Stadtentwicklung.
Im Alltag sind es die persönlichen Beziehungen, auf die es ankommt. Die Menschen, die man im Hinterkopf hat. Wir brauchen Freunde, andere Menschen, wie wir die Luft zum Atmen brauchen. Das ist neben der „Integration“ der zweite Aspekt: die Bedeutung, die Freundschaft für jeden Menschen hat. Es geht um Menschen, die miteinander fühlen, miteinander denken, sich gegenseitig tragen die Verantwortung füreinander übernehmen.
Die Umsetzung
Diese „alltägliche“ Integration stellt der Künstler in stilisierten Schwarz-Weiß-Fotografien dar. Er hat Menschen in Bremen fotografiert, die in irgendeiner Form eine „Multikulti-Freundschaft“ pflegen. Schwarz-Weiß-Fotografien die sagen: es gibt nicht nur Schwarz und Weiß im menschlichen Miteinander.
Einer der beiden Freunde ist immer mehr oder weniger im Hintergrund – unscharf. Trotzdem sind immer beide auf dem Foto, so, wie sie auch gegenseitig in ihrem Leben (ihren Köpfen) sind. Mal sind die Gesichter einander zugewandt, wie im Dialog oder als würden sie sich spiegeln. Auf anderen Fotos schauen sie in eine gemeinsame Richtung – sie sind miteinander verbunden.
Dabei steht zwar immer das „Wir“ im Vordergrund. Aber trotzdem sind es keine „Kuschel-Bilder“. Dadurch, dass einer von beiden immer „im Hintergrund“ steht wird aufgegriffen, dass es bei Freundschaft nicht um Gleichheit, um Ausgewogenheit geht. Einer kann auch einmal zurücktreten, sich tragen lassen, sich auf die Stärke des Anderen verlassen. Womit der Bogen zur „Integration“ geschlagen ist – denn auch in der Gesellschaft kann, darf, es nicht ums „Aufrechnen“ gehen. Wir als soziale Gemeinschaft können – müssen – andere auch einfach mal „mittragen“.
Die Fotos reduzieren einerseits auf das Wesentliche. Andererseits stellen sie gerade in ihrer zurückgenommenen Ästhetik ein engagiertes Statement dar – für Integration, für Freundschaft.
Projekt „Komm in Bewegung“
Komm in Bewegung
Die Idee
Sein neuestes Projekt ist ebenso persönlich wie allgemein mitreißend. Ein konkreter Mensch wurde in Bewegung gebracht. „Komm in Bewegung“ soll aber auch andere Menschen motivieren, selbst mitzumachen. Dazu kommt noch die „politische“ Seite: Veränderungen, die in der Gesellschaft in Bewegung gebracht werden müssen.
Die persönliche Geschichte: der zwanzigjährige Sohn des Künstlers (Model der Aufnahmen) wurde durch das vorliegende Projekt nach einer persönlichen Krise, wie viele junge Menschen sie kennen, wieder „in Bewegung gebracht“. Nun möchte Ronald Philipps mehr Menschen in Bewegung bringen, größere Wellen schlagen.
„Komm in Bewegung“
„Komm in Bewegung“ ist die direkte Auseinandersetzung zwischen Vater und Sohn. Das Ergebnis eines Kampfes um Anerkennung, Respekt und Verantwortung. Der Umgang mit Angst, Schwächen und fehlender Sicherheit. Und es hat geklappt: die gemeinsame Arbeit an dem Projekt hat den Sohn in Bewegung gebracht…
Die Bilder wirken fast wie computergeneriert. Dabei beruht jedes Motiv auf einem „normalen“ Foto – einem Foto des Sohnes, der (in einem speziellen Ganzkörperanzug) bestimmte Bewegungen, Abläufe und Posen darstellt. Erst in einem zweiten Schritt werden die Fotos am Computer so bearbeitet, dass sie ihren letztendlichen Stil erhalten.
Denn „Komm in Bewegung“ ist Teil der Werkserie „Vom Mensch zur Statue“, an der Philipps seit 2008 arbeitet. Er beschäftigt sich damit, Fotos von Menschen durch Bearbeitung „statuenhaft“ wirken zu lassen.
Ausblick
„Komm in Bewegung“ will als künstlerisches Projekt mit Strahlkraft verstanden werden. Denkbar sind Projekte mit Jugendgruppen, themenbezogene Ausstellungen und verschiedenste Kooperationen. Geplant ist, mit unterschiedlichen Künstlern und verschiedenen sozialen Einrichtungen zusammenzuarbeiten. Angefangen bei praktischer Jugendarbeit: Jugendliche lernen in Workshops, zu fotografieren und die entstandenen Bilder zu bearbeiten. Das Konzept kann auf die Arbeit mit Erwerbslosen, Menschen mit Beeinträchtigungen, mit Integrationsbedarf und viele andere angewendet werden. Für unterschiedliche Zwecke, Ziele oder Ausstellungen können bestimmte Bewegungsabläufe oder Situationen dargestellt werden.
Immer unter der Prämisse: Komm in Bewegung – Du, jetzt!
Projekt „Künstlerhaus Art15“
Künstlerhaus Art15
Künstlergemeinschaft im Schnoor
Die ART15 ist ein Künstlerhaus mit Galerie. Sie finden hier Kunst von Malerei über Foto bis Digital, von Grafik bis Skulptur, von Landschaft bis Portrait, von figürlich bis abstrakt. Kurz: ein breites künstlerisches Spektrum auf der Basis von Kreativität, Qualifikation und handwerklichem Können.
Die Künstlergemeinschaft der ART15 ist ein Zusammenschluss von mehreren, manchmal auch wechselnden KünstlerInnen, die gemeinsame Ausstellungen durchführen und den Verkauf ihrer Kunst selbst übernehmen.
Die ART15 ist im Herzen des Schnoor. Unter dem Dach des ältesten Giebelhauses von Bremen, 1402 erbaut, hat die ART15 eine ganz besondere Atmosphäre. Backstein-Architektur, alte Gewölbe, Säulen mit historischem Dekor sind der Rahmen für unsere immer wieder wechselnden Ausstellungen.
Das Künstlerhaus ART15 versteht sich als offene, selbstverwaltete Gemeinschaft gesellschaftlich engagierter Künstler.
Impressionen
Künstlerischer Freiraum
Rund ein Dutzend aktive Künstler arbeiten engagiert, unabhängig und gesellschaftskritisch und wollen sowohl einen künstlerisch-kreativen Freiraum schaffen als auch ganz ausdrücklich die Kunst zurück in den Schnoor bringen.
Neben der Präsentation unserer Kunst sind wir vor allem auch politisch und gesellschaftskritisch engagiert – aneckend und provokativ. Es geht nicht um Konsum und Kommerz, sondern um die Kunst und die Verantwortung des Künstlers, die Gesellschaft zu spiegeln und den Betrachter mit aktuellen Problemen zu konfrontieren. Außerdem unterstützen wir auch Künstler, damit diese ihr kreatives Potential entfalten können.
Zum einen möchten wir also einen künstlerisch-kreativen Freiraum schaffen, der im Übrigen auch von wechselnden Gastkünstlern genutzt wird. Zum anderen wollen wir ausdrücklich und bewusst die Kunst zurück in den Schnoor bringen. Denn ohne die Intervention vor allem von Kunst- und Architekturstudenten wäre der Schnoor Anfang der 70er Jahre komplett abgerissen worden. Damals sollte Bremen im Schnoor endlich sein „Künstlerviertel“ bekommen.
Das ist einer der Gründe, warum wir regelmäßig auch Veranstaltungen mit Außenwirkung realisieren. Hier sei beispielhaft die KunstLounge genannt.
Interessierte können einen ganzen Abend lang mit allen Künstlern, Live-Musik und natürlich viel Kunst feiern. Anlässlich der KunstLounge arbeiten die ART15-Künstler zweimal im Jahr zu einem gemeinsamen Thema. Zu den Themen gehörte inzwischen schon „Sex sells“ und „SEQUENZ :: ROT“ – sowie natürlich „Ins Boot holen“, eine Gemeinschaftsausstellung, die heute ein Teil der Wanderausstellung „Fremde Heimat“ ist.
Wir haben das Haus aus einer gesellschaftspolitischen Verantwortung heraus gegründet. Wir wollten etwas starten, etwas anregen, etwas ändern. Wer sich aber vom „Kommerziellen“ distanziert, um sich dem „Provokativen“ zuzuwenden, der stellt Kreativität vor Verkauf.
Auch möchten wir den Freiraum haben, jungen, fremden oder in anderer Hinsicht „bedürftigen“ Künstlern helfen zu können.
Das Künstlerhaus ART15 verdient kein eigenes Geld und erhält auch keinerlei öffentliche Förderung, sondern wird ausschließlich von den angeschlossenen Künstlern finanziert.
Mehr Informationen finden Sie unter: www.art-15.de